Der Krieg ist aus ! Groβe Freude und Erleichterung bei den Allierten, wie auch bei den Deutschen. 50 Jahre danach wurde auf vielen feierlichen Veranstaltungen, in vielen erhebenden Reden, die in Funk und Fernsehen übertragen wurden, dieses Tages gedacht.

Als ich Papa am Telefon erzählte, dass ich mir diese Feierlichkeiten am Fernseher teilweise angeschaut hätte, meinte er: “Hm, ja, ich habe da natürlich ein paar andere Erinnerungen. In der Nacht vom 8. auf den 9. bin ich über die Elbe geschwommen, mit dem Fritz zusammen. Damit uns die Russen nicht in die Finger bekamen, verstehst du?

Wir hatten aus den Seitenbrettern unseres Funkwagens (mein Vater war bei der Nachrichtentruppe) und den Schläuchen der Reifen ein Floβ gebastelt.Da haben wir unsere Klamotten und die Stiefeldraufgelegt – die Gewehre hatten wir schon vorher ins Wasser geworfen – und haben, neben dem Floβ schwimmend, die Elbe überquert. Es ging ganz gut, bis der Fritz plötzlich einen Wadenkrampf bekam.Da hat er sich auf das Floβ legen wollen, aber von der Schmalseite aus, dieser Idiot, und hat dabei das ganze Ding umgekippt. Unsere Sachen waren natürlich futsch, und wir kamen im Adamskostüm auf der anderen Seite an, wo schon die Amis standen und sich die Bäuche hielten.

Und dann haben sie uns den ganzen Tag lang nach hinten laufen lassen, bis in ein Lager. Nackt wie junge Mäuse, den ganzen Tag, in der brennenden Sonne. Ich habe einen solchen Sonnenbrand am Körper gekriegt, dass ich davon krank wurde, und ins Lazarett musste.” Hier sei eingefügt, dass Papa fast weissblond war, mit der dazu gehörigen sehr hellen Haut und blauen Augen.

“Da haben die Amis vielleicht ihren Spass gehabt! Angemalt haben die mich, mit Desinfektionsmitteln, die Schultern blau, den Hintern rot, sodass ich aussah wie ein Pavian. Und haben sich geschüttelt vor Lachen.” Im Nachhinein haben wir im Duett gelacht, aber, wie gesagt, erst 50 Jahre später…

“Sie waren überhaupt den ganzen Tag nicht sehr anständig gewesen, haben uns immer wieder beim Marschieren mit Stöcken geschlagen, einfach so, ohne Grund. Da waren die Engländer schon anders, muss ich sagen, viel fairer und korrekter.”

Dazu muss ich nun wieder vermerken, dass Papa einige Tage nach seiner Gefangennahme in das nächste, grössere Kriegsgefangenenlager kam, das einem Briten unterstand.

“Der trug ein Schottenröckchen, und wir waren für ihn nicht einfach Nazischweine, sondern unterlegene Feinde, Soldaten wie andere auch. Er war ein Klassekerl! Bis zur Heeresbekleidungsstelle in Hamburg ist er gefahren, um uns wieder Uniformen zu besorgen, deutsche Uniformen, und dazu sämtliche Orden und Ehrenzeichen für die Männer, die vorher welche getragen hatten. Er war der Meinung, das sei doch wesentlich ehrenvoller für beide Seiten.

Dort ging es uns überhaupt sehr gut. Endlich war man mal wieder Mensch. Wir waren Gefangene auf Ehrenwort, bekamen ordentlich zu essen, und keiner hat uns verächtlich behandelt.”

Ich möchte hierzu bemerken, dass Papa nicht etwa Offizier war, sondern Obergefreiter: Das Ehrenwort galt hier also auch für Mannschaften.

“Als die Einheit einen Ball organisierte, haben sie uns sogar eineladen, und wenn sie abends ausgingen, nahmen sie uns mit. Dabei kam es manchmal zu Meinungsverschiedenheiten zwischen « unserer » Einheit, die Panzertruppe war, und der Nachbareinheit, den Infanteristen. Natürlich mussten wir unseren Gastgebern nach Kräften beistehen, und so kam es, dass manchmal britische Soldaten zusammen mit deutschen Landsern, in fröhlicher Eintracht, anderen britischen Soldaten das Fell verdroschen…”

Papa wurde nach einigen Monaten aus diesem Lager in seine Heimatstadt Mannheim entlassen. Wie er die Dinge dort vorfand, und wie sich der Frontsoldat Welcker wieder in den Zivilisten Helmut zurückverwandelte, das ……ja, das ist natürlich wieder eine ganz andere Geschichte!

ht in die Finger bekamen, verstehst du?

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